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Gericht: Finanzgericht Hessen
Urteil verkündet am 14.12.2004
Aktenzeichen: 6 K 1224/02
Rechtsgebiete: UStG
Vorschriften:
UStG § 4 Nr. 12a | |
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 3 |
Tatbestand
Strittig ist die Steuerfreiheit der von der Klägerin gegenüber Markthändlern erbrachten Leistungen sowie die Steuerbarkeit der privaten Nutzung von geleasten Kraftfahrzeugen durch Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder.
Die Klägerin ist eine eingetragene Genossenschaft, die mit Satzung vom 22.10.1985 errichtet wurde. Ihre Geschäftstätigkeit besteht nach dem als Anlage K 1 vorgelegten Prospekt-Flyer (Bl. 22ff Gerichtsakte) darin, Wochenmärkte zu organisieren und durchzuführen. Nachdem die Kommunen der Klägerin im Wege der Sondernutzung oder auf mietvertraglicher Basis das zeitlich und räumlich begrenzte Verfügungsrecht über den jeweiligen Marktplatz für die Dauer des Wochenmarktes überlassen haben, schließt sie über ihre vor Ort tätigen Marktmeister mit den einzelnen Händlern mündlich sog. Marktverträge ab. Der Marktmeister kassiert im Laufe des Markttages die Standgebühr in bar und stellt den Marktteilnehmern hierüber eine Quittung aus (Bl. 229 Gerichtsakte). Durch den Abschluss des Marktvertrages wird der Markthändler zum Wochenmarkt zugelassen und erhält das Recht, an dem Wochenmarkt teilzunehmen (§ 6 Abs. 1 der Marktordnung). Hierfür stellt die Klägerin den Händlern zeitlich und räumlich begrenzte Teilbereiche (Standplätze) für deren Verkaufstätigkeiten zur Verfügung. Das dafür berechnete sog. Standgeld richtet sich nach den in Anspruch genommenen laufenden Metern Standfläche (Verkaufsfront). Außerdem organisiert die Klägerin die Stromversorgung der Händler, indem sie ihnen die Möglichkeit gibt, ihren Strombedarf über einen Stromverteilerkasten sicherzustellen. Die dabei entstehenden Kosten werden zulasten der stromverbrauchenden Händler nach Pauschalen umgelegt. Schließlich übernimmt die Klägerin auf einzelnen Wochenmärkten die Organisation der Reinigung des Wochenmarktplatzes nach dem Schluss des Wochenmarktes und legt die dabei entstehenden Kosten auf die beteiligten Händler um.
In ihren zu Vorbehaltsfestsetzungen führenden Umsatzsteuererklärungen ging die Klägerin davon aus, dass 25% der vereinnahmten Standgelder als Bruttoentgelt im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG anzusehen seien. Das aus diesem Bruttoentgelt ermittelte Nettoentgelt unterwarf sie der Umsatzsteuer, obwohl ihr auf eine die Rechnungsausstellung nach § 14 UStG betreffende Anfrage am 30.11.1994 von der Oberfinanzdirektion mitgeteilt worden war, dass die von ihr vorgenommene Aufteilung der Standgelder nach dem Bruttobetrag nicht dem Umsatzsteuergesetz entspreche (Bl. 8 und 9 Sonderband Betriebsprüfung). Außerdem erklärte die Klägerin wegen der privaten Kfz-Nutzung von geleasten Kraftfahrzeugen auf der Grundlage der 1%-Regelung unentgeltliche Leistungen von Gesellschaften an ihre Gesellschafter zu 15% in Höhe von 8.521 DM (1996) und 9.933,- DM (1997).
In der Zeit vom 11.8.1999 bis zum 5.11.1999 fand für die Jahre 1996 - 1998 eine Außenprüfung bei der Klägerin statt, die u.a. zu folgenden Ergebnissen führte:
a) Tz. 17a): Die Überlassung von Standplätzen auf Wochemärkten erfolge im Rahmen eines gemischten Vertrages, sodass die Marktstandsgelder in 75% steuerfreie und 25% steuerpflichtige Entgelte aufzuteilen seien. Die Aufteilung der Marktstandsgelder müsse nach der Verfügung der OFD Frankfurt vom 25.7.1995 (USt-Kartei Karte 4 zu § 4 Nr. 12a UStG) vom Nettoentgelt erfolgen und nicht - wie die Klägerin meine - vom Bruttoentgelt. Die Betriebsprüfung erhöhte daher die Bemessungsgrundlage der steuerpflichtigen Umsätze um 41.950,- DM (1996), 44.414,00 DM (1997) und 10.373,48 DM (1998).
Da diese Feststellungen auch die unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Umsatzsteuer-Festsetzungen für 1994 und 1995 betrafen, teilte die Betriebsprüfung dem Veranlagungsbezirk durch Aktenvermerk vom 30.11.1999 mit, dass die Bemessungsgrundlage für steuerpflichtige Lieferungen und sonstige Leistungen in 1994 um 35.040,73 DM und in 1995 um 37.939,20 DM zu erhöhen sei (Bl. 98/99 Sonderband Betriebsprüfung).
b) Tz 18b, c und d): Zusätzlich zu dem nach der sog. 1%-Methode ermittelten und von der Klägerin bereits der Besteuerung unterworfenen Beträgen unterliege die private Kfz-Nutzung durch die Vorstandsmitglieder (A und B) sowie den Aufsichtsratsvorsitzenden C auch der Eigenverbrauchsbesteuerung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG, weil der Klägerin insoweit kein angemessener Kostenersatz gewährt worden sei. Der Umfang der privaten Nutzung sowie der Nutzung für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. für ein weiteres Dienstverhältnis habe wegen Fehlens eines Fahrtenbuches nicht nachgewiesen werden können und sei daher im Schätzungswege einvernehmlich festgelegt worden. Hinsichtlich der als verdeckte Gewinnausschüttung angesetzten Brutto- und Nettobeträge wird auf Tz. 29a (A), Tz. 29b (B) und Tz. 30b (C) verwiesen (Bl. 50-52 Sonderband Betriebsprüfung).
Auf der Grundlage dieser Feststellungen erließ das FA am 10.02.2000 entsprechende Änderungsbescheide. Mit ihrem dagegen eingelegten Einspruch wandte sich die Klägerin gegen die von der Betriebsprüfung vorgenommene Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Aufteilung der Umsätze. Sie machte unter Hinweis auf das Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 28.9.1998 (Karte 2 zu § 22 UStG-Kartei S 7390) sowie die BFH-Urteile vom 7.4.1960 (BStBl III 1960, 261), vom 16.5.1995 (BStBl II 1995, 750) und vom 14.5.1992 (BStBl II 1992, 758) geltend, die Aufteilung der Marktstandsgelder habe nach dem Bruttoentgelt zu erfolgen. Das FA wies den Einspruch am 06.03.2002 als unbegründet ab, weil das angeführte BMF-Schreiben sowie die zitierten Urteile nicht einschlägig seien und nach der für sie maßgeblichen Verfügung der OFD Frankfurt zu § 4 Nr. 12a) UStG (Bl. 52ff Gerichtsakte) die sog. Nettomethode zugrunde zu legen sei. Danach werde zuerst die enthaltene Umsatzsteuer herausgerechnet und anschließend das Nettoentgelt in einen steuerpflichtigen und einen steuerfreien Anteil aufgeteilt.
Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter.
a) Sie vertritt im Klageverfahren die Ansicht, dass sämtliche Umsätze einschließlich der Nebenleistungen nach § 4 Nr. 12a) UStG steuerfrei seien und verweist zur Begründung auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshof in Sachen Lindöpark (EuGH-Urteil vom 18.1.2001 Rs C-150/99) sowie das Urteil des Bundesfinanzhofes vom 31.05.2001 (V R 97/98). Danach sei die bisherige umsatzsteuerliche Differenzierung in Verträge besonderer Art bzw. gemischte Verträge obsolet geworden und im Falle von zusätzlich erbrachten Nebenleistungen von einer einheitlichen Leistung des Anbietenden auszugehen. Der Kerngehalt ihrer Leistung liege eindeutig in der entgeltlichen Nutzungsüberlassung von Grund und Boden und somit in einer Grundstücksvermietung im Sinne des § 4 Nr. 12a UStG. Von überragender Bedeutung für ihre Rechtsgeschäfte mit den Wochenmarkthändlern sei die Bereitstellung eines abgegrenzten Bereiches von Grund und Boden als Verkaufsplatz, da es dem Markthändler darauf ankomme, einen bestimmten Verkaufsplatz für sein Verkaufsfahrzeug oder für seinen mobilen Verkaufsstand zu mieten. Nur bei Platzzuteilung könne er seinen eigenen geschäftlichen Aktivitäten nachgehen. Er stelle seine Auswahl des Platzes nicht darauf ab, ob die Klägerin den Wochenmarkt veranstalte oder eine andere Person oder ob andere nebensächliche Leistungen in einem "Paket" enthalten seien. Die neben der Vermietung erbrachten Leistungen zugunsten des einzelnen Händlers bestünden aus der teilweisen Lieferung von Strom und damit zusammenhängend der Nutzung von partiell installierten Stromverteilerkästen (geschätzt ca. 15% der Marktplätze). Die überwiegende Anzahl der Händler sei jedoch nicht auf Strombezug angewiesen, weil sie entweder - wegen Batteriebetriebes - autark sei oder überhaupt keinen Strom benötige (z.B. Verkauf von Eiern, Kräutern, Tee, Gewürzen, Blumen, Pflanzen usw.). Davon abgesehen werde in einigen wenigen Fällen die Reinigung des Wochenmarktplatzes mit übernommen (geschätzt ca. 10% der Plätze). Die mit einzelnen Kommunen vereinbarten Reinigungsleistungen seien für den Geschäftsbetrieb der Markthändler völlig irrelevant, da sie für den Verkaufsprozess keine Bedeutung hätten. Soweit das FA meine, aus den durchgeführten "Sonderveranstaltungen" ableiten zu können, dass diese sich auf alle umsatzsteuerlichen Leistungen auswirkten, sei zu berücksichtigen, dass es in 1996 lediglich 6, in 1997 lediglich 26 und in 1998 lediglich 27 Sonderveranstaltungstage gegeben habe. Dies entspreche einem prozentualen Anteil an den gesamten durchgeführten Markttagen von 0,13% in 1996, 0,61% in 1997 und 0,37% in 1998. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage K 6 (Bl. 103ff) sowie Bl. 218/219 der Gerichtsakte verwiesen.
Da den zusätzlichen Lieferungs- und Leistungselementen nur eine nebensächliche Bedeutung zukomme, teilten sie das steuerliche Schicksal der Hauptleistung. Demnach seien alle Entgelte aus der Überlassung von Marktflächen und den Nebenleistungen einheitlich der Befreiungsnorm des § 4 Nr. 12a) UStG unterzuordnen.
b) Sofern die originären Umsätze nach § 4 Nr. 12a) UStG steuerfrei seien, entfalle auch eine Besteuerung des Eigenverbrauchs, weil die Fahrzeuge dann weder zum vollen noch zum teilweisen Vorsteuerabzug berechtigten. Es handele sich in diesem Falle nicht um eine steuerpflichtige Entnahme von sonstigen Leistungen für Zwecke außerhalb des Unternehmens.
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuerbescheide 1994 - 1998 vom 10.02.2000 und die Einspruchsentscheidung vom 06.03.2002 aufzuheben und die Umsatzsteuer auf 0,00 DM festzusetzen,
hilfsweise im Unterliegensfalle,
die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
Klage abzuweisen.
a) Die klägerische Behauptung, wonach aufgrund der Urteile des EuGH vom 18.1.2001 und des BFH vom 31.5.2001 eine Aufteilung in steuerpflichtige und steuerfreie Umsätze nicht mehr vorzunehmen und generell eine einheitliche Leistung anzunehmen sei, treffe so nicht zu. In dem vom BFH am 31.5.2001 entschiedenen Fall sei es um die Überlassung von Sportanlagen gegangen und nur für diesen Fall habe der BFH eine steuerpflichtige einheitliche Leistung angenommen. Auch das zitierte EuGH-Urteil sehe eine Würdigung als eine einzige Leistung nur für Dienstleistungen vor, die mit Sport und Körperertüchtigung zusammenhängen.
b) Für den Streitfall bleibe es bei der bisherigen BFH-Rechtsprechung, wonach die bei der Veranstaltung von Wochenmärkten erforderlichen und aufgestellten Bedingungen weit über das hinausgingen, was im Wirtschaftsleben Gegenstand eines Mietvertrages sei. Die Klägerin bagatellisiere die von ihr erbrachten sonstigen Leistungen, wie z.B. die Lieferung von Strom und Wasser, die Gestellung von speziell konzipierten und produzierten Stromverteilerkästen, die Reinigung des Marktplatzes, die Aufgaben und Pflichten der von der Klägerin angestellten Marktmeister als Bindeglied zwischen Behörden und Markthändlern, die Herausgabe der Hauszeitung , die Werbung für den Standort des Wochenmarktes, die Marktaufsicht durch Marktmeister, die Pflege der Pressekontakte durch Zweigniederlassungen, die Übernahme der Verkehrssicherungspflicht auf dem Marktplatz sowie die umfassende Haftpflichtversicherung als Veranstalterin. Hinzu komme, dass im Rahmen der Betriebsprüfung die Aufteilung in einen steuerpflichtigen und einen steuerfreien Teil im Verhältnis von 75% zu 25% in Frage gestanden habe, da bei den Wochenmärkten zunehmend Gaststätten-, Vergnügungs- und Schaubetriebe teilgenommen hätten. So sei im Prüfungszeitraum die Attraktivität der Wochenmärkte durch folgende Maßnahmen erhöht worden: Kinderkarussell, Kinderschminken, Musikkapellen und sonstige musikalische Darbietungen, Drehorgeldarbietungen, Animationen (Clown, Jongleure, Zauberer, Puppentheater etc.), Imbissbuden, Getränkebuden, Glühweinbuden. Wenn sich die Durchführung einer Marktveranstaltung tatsächlich auf die Vermietung von Plätzen reduzieren würde, sei nicht ersichtlich, warum die Dienste der Klägerin von den Kommunen überhaupt benötigt würden. Schließlich spreche auch ihre Entstehungsgeschichte gegen die klägerische Behauptung, dass die Zurverfügungstellung des Platzes für die Wochenmarkthändler eindeutig im Vorgrund stehe. Denn ihre Gründung beruhe auf der Anregung eines Markthändlers, der sich darüber beklagt habe, dass Markthändler gegenüber Städten und anderen Behörden keine festen Ansprechpartner hätten, die ihre Interessen verträten.
c) Im Übrigen hält das FA sein bisheriges Vorbringen zur Aufteilung der Marktstandsgelder nach der sog. Nettomethode entsprechend den Vorgaben der Verfügung der OFD Frankfurt vom 25.7.1995 (USt-Kartei Karte 4 zu § 4 Nr. 12a UStG) aufrecht. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 4.7.2002 (Bl. 46ff Gerichtsakte), 19.11.2002 (Bl. 110ff Gerichtsakte) sowie vom 27.5.2003 (Bl. 141ff Gerichtsakte) verwiesen.
Gründe
Die Klage ist zum überwiegenden Teil begründet.
Die angegriffenen Umsatzsteuer-Änderungsbescheide 1994 - 1998 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin daher in ihren subjektiven Rechten.
I. Die Klage gegen die Umsatzsteuer-Änderungsbescheide 1995 - 1998 ist in vollem Umfang begründet.
1. Das FA hat die von der Klägerin erbrachten Leistungen zu Unrecht der Umsatzsteuer unterworfen.
a) Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 - 3 UStG fallenden Umsätzen sind nach § 4 Nr. 12a) UStG die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken steuerfrei. Eine Grundstücksvermietung in diesem Sinne liegt vor, wenn dem Mieter zeitweise der Gebrauch eines Grundstücks bzw. eines Grundstücksteils gewährt wird (§ 535 BGB). Dies setzt voraus, dass dem Mieter eine bestimmte, nur ihm zur Verfügung stehende Grundstücksfläche unter Ausschluss anderer zum Gebrauch überlassen wird. Dabei spielt keine Rolle, ob die Vermietung auf Dauer oder nur für kurze Zeit erfolgt.
Im Streitfall ist Gegenstand der zwischen der Klägern und den einzelnen Anbietern geschlossenen Verträge - zum überwiegenden Teil - die Vermietung von Grundstücksflächen. Aus den von Marktmeistern ausgestellten Quittungen ergibt sich, dass das von der Klägerin berechnete Standgeld nach den jeweils in Anspruch genommenen laufenden Metern Standfläche (Verkaufsfront) ermittelt wurde. Diese Standflächen waren individualisiert und wurden den Händlern von den jeweiligen Marktmeistern zu ihrer ausschließlichen Nutzung zugewiesen.
Die Leistungen der Klägerin erschöpfen sich allerdings nicht in der Überlassung der jeweiligen Standflächen, denn sie schuldete - neben der Zurverfügungstellung von Strom und der Reinigung des Platzes - insbesondere noch die Organisation und Durchführung des jeweiligen Wochenmarktes. Die im Rahmen von Wochenmärkten von den Veranstaltern erbrachte Organisationsleistung qualifizierte der Bundesfinanzhof in seiner bisherigen Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 7.4.1960 V 143/58 U,BStBl III 1960, 261 sowie Bestätigung durch BFH-Urteil vom 25.4.1968 V 120/64, BStBl II 1969, 94) als eine Leistung besonderer Art, die nicht unter die Steuerbefreiung falle. Sie sei nicht so unbedeutend, dass sie umsatzsteuerrechtlich übergangen werden könnte und daher als - weitere - Hauptleistung anzusehen. Die Überlassung von Grundstücksflächen auf Wochemärkten erfolge daher im Rahmen eines gemischten Vertrages. Dabei ging der Bundesfinanzhof davon aus, dass das Interesse, für die Dauer des Marktes eine Grundstücksfläche zu vermieten bzw. zu mieten, bei den Vertragspartnern im Vordergrund stehe. Die Marktstandsgelder seien im Schätzungswege aufzuteilen, wobei die von den Vorinstanzen vorgenommene Aufteilung in 75% steuerfreie und 25% steuerpflichtige Entgelte nicht beanstandet werde.
b) Der Senat hält im Hinblick auf die neue Rechtsprechung des EuGH und des BFH eine von der bisherigen Rechtsprechung abweichende Behandlung der Leistungen von Wochenmarktveranstaltern für geboten. Danach sind die neben die Vermietung des Standplatzes tretenden sonstigen Leistungen (Organisation des Marktes und Reinigung des Marktplatzes) und Lieferungen (Strom) als Nebenleistungen anzusehen, die das Schicksal der Hauptleistung und damit deren Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 12a) UStG teilen.
aa) Nach dem EuGH-Urteil vom 25.2.1999 Rs C-349/99 CPP (UR 1999,254) ist zum einen zwar jede Dienstleistung in der Regel als eigene, selbständige Leistung zu betrachten, zum anderen darf aber eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden; daher ist das Wesen des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Steuerpflichtige dem Verbraucher mehrere selbständige Hauptleistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt, wobei auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist. Eine einheitliche Leistung liegt insbesondere vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung, eine oder mehrere andere Teile aber Nebenleistungen darstellen, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Dem Umstand, dass ein Gesamtpreis in Rechnung gestellt wird, komme damit keine entscheidende Bedeutung zu. Nach der EuGH-Entscheidung vom 18.01.2001 Rs C-150/99 Lindöpark (UR 2001,153) sind auch Dienstleistungen, die mit Sport und Körperertüchtigung zusammenhängen, möglichst als Gesamtheit zu würdigen. Der Bundesfinanzhof ist im Urteil vom 31.05.2001 (V R 97/98 BStBl II 2001,658) den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben des EuGH gefolgt und hat die Nutzungsüberlassung der Sporteinrichtungen einer Anlage als eine einheitliche steuerpflichtige Leistung beurteilt, weil sie nicht durch eine Grundstücksüberlassung unter Ausschluss anderer Benutzer geprägt ist, sondern durch die Möglichkeit, das Einrichtungsangebot mit oder ohne Nutzung der Spielflächen in Anspruch zu nehmen. Dabei hat er darauf hingewiesen, dass, um einem steuerbefreiten Leistungsteil Geltung zu verschaffen, auch der Eingangssatz des Art. 13 Teil B der Richtlinie 77/388 EWG zu beachten sei. Er bestimmt, dass die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung und etwaigen Missbräuchen festsetzen, die in der Bestimmung bezeichneten Umsätze von der Steuer befreien.
bb) Für den Streitfall ergibt sich daraus nach Ansicht des Senates, dass die Leistungen der Klägerin eine einheitliche steuerfreie Leistung darstellen:
Dass die Nutzungsüberlassung an den Standflächen das wesentliche Element der von Wochenmarktveranstaltern erbrachten Leistungen darstellt, ergibt sich bereits aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes. In den zitierten Entscheidungen vom 7.4.1960 und 25.4.1968 hat er festgestellt, dass für die Vertragspartner das Interesse, für die Dauer des Marktes eine Grundstücksfläche zu mieten bzw. zu vermieten, im Vordergrund steht, und er hat den Anteil der Grundstücksüberlassung am Gesamtumsatz mit 75% geschätzt.
Entgegen der bisherigen Rechtsprechung geht der Senat jedoch von einer wirtschaftlich einheitlichen Leistung aus und qualifiziert die neben der Grundstücksüberlassung erbrachten Leistungen nicht als (weitere) Haupt-, sondern als Nebenleistung. Nach der maßgeblichen Perspektive der Händler (Durchschnittsverbraucher) haben die Organisationsleistungen und Stromlieferungen keinen eigenen Zweck, sondern stellen lediglich das Mittel dar, um die Hauptleistung (Überlassung der Standplätze) unter optimalen Bedingungen ausnutzen zu können. Dem jeweiligen Händler kommt es gerade darauf an, unter Ausschluss anderer Händler für die Dauer des Marktes eine Standfläche zu erhalten, von der aus er sein Warensortiment vertreiben kann. Die Organisationsleistung der Klägerin sowie die Bereitstellung von Strom bzw. die Reinigung des Marktplatzes sind für die Händler nur im Hinblick auf die Verkaufsmöglichkeit im Rahmen ihres Standplatzes von Nutzen. Dies zeigt sich insbesondere daran, dass sie den Warenverkauf auch ohne die "Serviceleistungen" der Klägerin erbringen könnten. Die von der Klägerin erbrachten Leistungen bewirken lediglich, dass die Händler ihr Warenangebot ansprechender und einer größeren Anzahl von Marktbesuchern präsentieren und damit einen größeren Umsatz erzielen können. Die besondere Dominanz der Standplätze für die Händler sowie die Abhängigkeit der "Serviceleistungen" von der Zurverfügungstellung der Standplätze rechtfertigen es, diese auch dann als Nebenleistung einer einheitlichen steuerfreien Leistung anzusehen, wenn die Attraktivität einzelner Wochenmärkte durch sog. "Sonderveranstaltungen" gesteigert wurde.
Die Qualifizierung als eine einheitliche Leistung entspricht auch dem Gebot einer einfachen Anwendung von Befreiungsvorschriften. Denn es gibt keine allgemeingültigen Kriterien, um die Organisationsleistung der Klägerin zu quantifizieren und somit aus den gezahlten Standgeldern herauszurechnen. Dies hätte zur Folge, dass die Quantifizierung jeweils nach den Besonderheiten des Einzelfalles erfolgen müsste und damit arbeitsaufwendig und streitanfällig wäre.
Abgesehen davon berücksichtigt der Senat bei seiner Entscheidung, dass der Bundesfinanzhof im Urteil vom 7.3.1995 XI R 56/94 (BFH/NV 1995,1027) für den vergleichbaren Fall einer entgeltlichen Überlassung einer Standfläche, eines Ausstellungstandes o.ä. auf einem Kongress eine "Vermietung von Grundstücken" im Sinne von § 4 Nr. 12a) UStG 1991 bejaht hat.
2. Das FA hat die private Nutzung der geleasten Kraftfahrzeuge durch Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder zu Unrecht der Umsatzsteuer unterworfen.
a) Soweit das FA die private Kfz-Nutzung auf § 1 Abs. 1 Nr. 3 UStG a.F. stützt, verkennt es, dass die Einführung dieser Vorschrift durch das Umsatzsteuergesetz 1980 auf die damalige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes zurückzuführen war, die einen Eigenverbrauch bei Gesellschaften mangels eines außerhalb ihres gewerblichen Daseins liegenden Eigenlebens verneint hatte. Nach der Änderung der Rechtsprechung durch das BFH-Urteil vom 3.11.1983 V R 4/73, BStBl II 1984, 169 ist diese Vorschrift überflüssig. b) Hinsichtlich der privaten Kfz-Nutzung der geleasten Kraftfahrzeuge ist nach Ansicht des Senates auch der Tatbestand der Eigenverbrauchsbesteuerung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 UStG a.F. nicht erfüllt. Eigenverbrauch nach § 1 Abs. 1 Nr. 2b) a.F. UStG liegt vor, wenn ein Unternehmer im Rahmen seines Unternehmen sonstige Leistungen der in § 3 Abs. 9 UStG bezeichneten Art für Zwecke ausführt, die außerhalb des Unternehmens liegen. Daran fehlt es, wenn - wie im Streitfall - die von Dritten für das Unternehmen bezogenen gemischt genutzten Dienstleistungen bereits beim Leistungsbezug in einen unternehmerischen und einen privaten Anteil aufzuteilen sind und nur die unternehmerisch genutzten Anteile dem Unternehmen zuzuordnen sind (vgl. BFH-Urteil vom 23.9.1993 V R 87/89, BStBl II 1994, 200). Mangels Zuordnung des Privatanteils der sonstigen Leistung zum Unternehmensbereich scheidet insoweit ein Vorsteuerabzug aus, sodass es einer Korrektur wegen privater Verwendung der Leistungsbezüge dann nicht mehr bedarf.
c) Selbst wenn die private Kfz-Nutzung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2b) UStG a.F. steuerbar wäre, würde eine Steuerpflicht wegen der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 28b) UStG ausscheiden. Nach dieser Vorschrift ist die Verwendung von Gegenständen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2b UStG) steuerfrei, wenn die Gegenstände im Unternehmen ausschließlich für einen nach den Nummern 7 - 27 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden. So liegen die Verhältnisse im Streitfall, weil die Kraftfahrzeuge - von der privaten Nutzung abgesehen - ausschließlich für die nach § 4 Nr. 12a) UStG steuerfreie Tätigkeit der Klägerin verwendet werden.
II. Die Klage gegen den Umsatzsteuer-Änderungsbescheid 1994 ist nur zu einem geringen Teil begründet. Die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Umsatzsteuerfestsetzung 1994 durfte am 10.02.2000 nicht - mehr - nach § 164 Abs. 2 AO geändert werden, weil zu diesem Zeitpunkt die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen war.
1. Die Umsatzsteuerklärung 1994 wurde am 23.05.1995 abgegeben und führte zu einer Vorbehaltsfestsetzung nach § 164 Abs. 1 AO. Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt nach § 164 Abs. 4 Satz 1 AO, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. Diese beginnt nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO mit Ablauf des 31.12.1995 und endet gemäß § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO nach 4 Jahren mit Ablauf des 31.12.1999.
a) Nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO verlängert sich die Festsetzungsfrist zwar auf 10 Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen und auf 5 Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Aus dem Schreiben der Bußgeld- und Strafsachenstelle an das FA vom 1.8.2000 (Bl. 24ff Sonderband) ergibt sich, dass das FA eine Verlängerung der Festsetzungsfrist wegen leichtfertiger Steuerverkürzung bejaht hat, weil die Klägerin entgegen der am 30.11.1994 von der Oberfinanzdirektion erteilten Rechtsauskunft in ihrer Umsatzsteuererklärung 1994 weiterhin eine Aufteilung der Umsätze nach dem Bruttoentgelt vorgenommen hatte. Dabei hat das FA jedoch verkannt, dass eine Anwendung von § 169 Abs. 2 Satz 2 AO und damit eine Verlängerung der Festsetzungsfrist bei Steuerhinterziehung und leichtfertiger Steuerverkürzung nach § 164 Abs. 4 Satz 2 AO ausgeschlossen ist.
b) Eine Verlängerung der Festsetzungsfrist findet zwar nach § 171 Abs. 4 AO statt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen wurde. Im Streitfall betraf die Außenprüfung jedoch ausweislich der Prüfungsanordnung lediglich die Streitjahre 1996 bis 1998 (Bl. 30 Sonderband-Betriebsprüfung), sodass eine Verlängerung der Festsetzungsfrist für das Streitjahr 1994 nicht stattfindet.
2. Eine Änderung des Umsatzsteuerbescheides 1994 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO in Verbindung mit §§ 169 Abs. 2 Satz 2, 378 AO wegen leichtfertiger Steuerverkürzung scheidet ebenfalls aus. Da die Umsätze der Klägerin nach Ansicht des Senates unter § 4 Nr. 12a) UStG fallen und damit insgesamt steuerfrei sind, konnte durch die von der Klägerin angewandte Aufteilung nach dem Bruttoentgelt keine Steuerverkürzung im Sinne von §§ 378, 370 Abs. 4 AO eintreten. Damit fehlt es bereits am objektiven Tatbestand einer leichtfertigen Steuerverkürzung.
Der Umsatzsteuer-Änderungsbescheid 1994 ist daher schon aus formalen Gründen aufzuheben. Dies hat zur Folge, dass es bei der bestandskräftigen Steuerfestsetzung nach der Umsatzsteuererklärung 1994 in Höhe von 38.692,60 DM bleibt. Der weitergehende Antrag der Klägerin auf Herabsetzung der Umsatzsteuer auf 0,-- DM ist also unbegründet.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO und berücksichtigt, dass die Klägerin die Herabsetzung der angefochtenen Steuerbescheide um insgesamt 259.490,-- DM auf 0,-- DM begehrte, und zwar der Umsatzsteuer 1994 um 43.948,- DM, der Umsatzsteuer 1995 um 46.971,- DM, der Umsatzsteuer 1996 um 50.997,- DM, der Umsatzsteuer 1997 um 55.471,- DM und der Umsatzsteuer 1998 um 62.103,- DM. Die Klägerin war hinsichtlich der Streitjahre 1995 bis 1998 in vollem Umfang erfolgreich, für das Streitjahr 1994 erreichte sie jedoch lediglich die Herabsetzung um 5.255,40 DM, sodass die Umsatzsteuer insgesamt um 220.797,-- DM herabgesetzt wurde. Dies entspricht einer Erfolgsquote von 85%.
IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wurde nach §§ 151 Abs. 1, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO getroffen. Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren beruht auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.
V. Die Revision wurde nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und zur Fortbildung des Rechts sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofes erforderlich ist.
Ende der Entscheidung
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